1970 schuf der Maler Wolfgang Lenz (1925-2014), der als bedeutender Vertreter des Phantastischen Realismus gilt, sein berühmtes Werk „Würzburger Totentanz”. Darin stellte er die Ruinen seiner Heimatstadt Würzburg dar. Im Vordergrund malte er die Alte Mainbrücke. Deren Brücken-Heiligen erscheinen hier als überlebensgroße Skelette – eine Mahnung an die Zerstörungswut des Zweiten Weltkriegs. Die Farben, die Lenz dafür wählte, sind dunkel und bedrückend, die Gerippe der Heiligen furchteinflößend, die Stimmung hoffnungslos. Aufbewahrt wird dieser erste Totentanz ebenfalls in Würzburg, und zwar im Museum für Franken.
Doch was hat es nun mit dem zweiten Totentanz-Gemälde im Museum im Kulturspeicher auf sich, das mit dem ersten zwar eng verwandt, aber doch ganz anders ist? Dieses Werk schuf Wolfgang Lenz 1971 für eine private Auftraggeberin, die sich eine zweite Version des ursprünglichen Totentanzes gewünscht hatte. Doch der Künstler wollte nicht nur einfach eine Replik anfertigen, sondern kreierte eine ganz eigene Variante mit dem Titel „Zum 16. März 1945“ – jene Nacht, in der Würzburg im Bombenhagel schwerste Schäden davontrug. Doch die Stimmung ist bei Weitem nicht so düster wie auf dem älteren Gemälde. Zwar stehen der Dom und das Rathaus in leuchtenden Flammen und die Brücken-Heiligen sind riesige Skelette – doch sie wenden sich mit beschützenden Gesten der fliehenden Menschenmenge zu, die sich auf der Mainbrücke zusammendrängt. Der größte Hoffnungsschimmer aber geht vom einem in strahlenden Gold gemalten Christkind aus, das den Flüchtenden den Weg aus der Stadt weist.
Das Gemälde blieb bis zum Tod der Auftraggeberin im Privatbesitz – danach gaben es ihre Erben für den Markt frei. Mit städtischen Mitteln und Spenden konnte es das Museum im Kulturspeicher erwerben, wo es nun als wichtiges Zeugnis der Kunstgeschichte und der Würzburger Zeitgeschichte einen Höhepunkt darstellt.